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Dossier #1

Interviews & Kennzahlen

Die Tabakindustrie richtet ihre Fahne nach dem Wind

Warum greift die Tabakindustrie auf das so genannte Greenwashing zurück?

Prof. Jacques Cornuz: Beim Greenwashing geht es darum, Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Umweltschutz hervorzuheben, um Tatsachen zu verschleiern, die den klimatischen Herausforderungen entgegenstehen. Viele Marken nutzen den Trend, um sich ein gutes Image zu verschaffen. Es überrascht mich keineswegs, dass auch die Tabakindustrie das Mittel einsetzt. Ein Produkt zu bewerben, indem man sich ein reines Gewissen zulegt, ist in der Tabakindustrie ein gängiges Verfahren. In ökologischen Fragen richtet sie ihre Fahne nach dem Wind. In Zukunft könnte sie auch gut auf «Me too» oder auf die Bewegung, die sich für Inklusivität stark macht, setzen.

Was halten Sie von der Kampagne mit «Lara Green», die der Branchenverband Swiss Cigarette letztes Jahr durchgeführt hat?

Da ist nichts Neues dran. Die Lara-Green-Kampagne passt perfekt in die industrielle Logik der angeblichen Risikoreduzierung der Zigarettenhersteller. In der Geschichte gibt es zahlreiche Beispiele dafür. Als nach dem Krieg in einem amerikanischen Bericht zum ersten Mal stand, dass Tabak Krebs verursacht, erfanden sie den Filter. Dann brachten sie die so genannte Light-Zigarette auf den Markt, die angeblich weniger abhängig machen soll. Dann lancierten sie einen «natürlichen» Tabak, der in Wirklichkeit genauso schädlich wie die anderen ist. Und vor etwa zehn Jahren, als das Rauchen in öffentlichen Räumen verboten wurde, brachten sie die tragbaren Aschenbecher heraus. Mit Lara Green wird einmal mehr die Last der mit dem Rauchen verbundenen Schäden den Raucherinnen und Rauchern aufgebürdet. Und wieder mit einer Kampagne, die die Botschaften der Branche weiterverbreitet und die vor allem junge Menschen anspricht. Das ist kein Zufall, wenn man bedenkt, dass die meisten, die rauchen, zwischen 18 und 20 Jahren damit angefangen haben.

Mit diesen Aktionen verschleiert die Tabakindustrie die grossen Umweltwirkungen ihrer umweltschädlichen Produktionskette und versucht, das Rauchen gesellschaftlich zu «renormalisieren» und einschränkende Regulierungen zu verhindern. Die Lösung ist, mit dem Rauchen aufzuhören, was die meisten Raucherinnen und Raucher auch wollen.

Kann man auf diese Manipulationen noch hereinfallen?

Nein. Der Hauptgrund, weshalb die Menschen weiterhin rauchen, ist die körperliche Abhängigkeit, die Tabak in all seinen Formen verursacht. Dass die Industrie noch viele gute Jahre vor sich hat, liegt daran, dass sie sich allen wirksamen Massnahmen zur Bekämpfung des Tabakkonsums widersetzt, der Einführung neutraler Zigarettenschachteln etwa oder dem Anbringen von Slogans und Schockbildern auf den Verpackungen, einer ausreichend hohen Besteuerung oder dem Verbot von Werbung für Minderjährige, was erst kürzlich wieder zu beobachten war. Dennoch ist dieser Wirtschaftszweig langfristig dem Untergang geweiht. In der Tabakindustrie gibt es immer weniger fähige Leute, um die Produkte zu verkaufen, um zu kommunizieren und die Interessen der Branche zu vertreten. Und Rauchen ist ja nun wirklich echt altmodisch!
 

Definition

Unter Greenwashing versteht man eine Marketingstrategie, bei der einem Unternehmen und seinen Produkten mit Umweltargumenten ein umweltfreundliches Image verliehen wird, ohne dass sich das Geschäftsmodell des Unternehmens wirklich ändert. Diese irreführenden Methoden zielen vor allem darauf ab, die Aufmerksamkeit der Konsumentinnen und Konsumenten und der breiten Öffentlichkeit abzulenken und Tatsachen zu verbergen, die wenig mit Umweltinteressen zu tun haben.

Im Interview mit Élodie Lavigne

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